Dienstagabend, Hochsommer und ein kühler White Russian im Bad Bonn. Das Leben kann so schön sein. Im Anschluss reinste depressive Folkmusik von William Fitzsimmons.
Viele Musikhungrige verirren sich in der Pampa, die Hütte ist voll. Die reinste Sauna. (Dampf)Bad Bonn. Keine Vorband, kurz nach 21 Uhr betreten William Fitzsimmons mit Gitarre und seine Tourkollegin Abby mit Geige die Bühne. Vom ersten Ton seiner Klampfe an herrscht absolute Ruhe im Lokal. Mucksmäuschenstill. Wundervolle Balladen mit einer ordentlichen Dosis Melancholie. Von einem grossen Typen mit langem Bart, Glatze und Tattoos würde man nicht eine solch sanfte Stimme erwarten. Die Augen von William und Abby bleiben während den meisten Songs geschlossen, so auch viele der Zuschauer. Musik zum Träumen, zum Schwelgen in alten Erinnerungen – der Trip für die Seele. Das Rezept von Williams ist simpel: Einfache Gitarrenbegleitung mit einer Melodie vorgebenden Geige und zweistimmigem Gesang. Und doch fährt es ein. Sehr sogar.
Vor der Bühne hocken die meisten, Pärchen liegen sich in den Armen. Ich umklammere zärtlich mein Bier. No tears, just dreams now.
Scherzkeks. Zwischen den Liedern immer einen Spruch parat.
Und das können die beiden! So sehr, dass einige Frauen sich gar in der Toilette ausweinen müssen.
Eine echte Herzensbrechergeschichte
Fitzsimmons Vater wurde von seiner Grossmutter nach der Geburt im Spital gelassen und verlassen, niemand von der Familie wollte ihn abholen. Als Zweijähriger wurde er schliesslich adoptiert. Im letzten Jahr hat die Familie nun herausgefunden, wer die leibliche Mutter seines Vaters war – ein Junkie. Schwer abhängig. Fünf Kinder und keines davon aufgezogen. Ein miserables Leben. Obwohl sie schon lange gestorben ist und weder er noch sein Vater sie kennenlernen konnten, schrieb Fitzsimmons einen Song über und für seine Grossmutter. Oder beinahe.
Eine musikalische Therapiestunde
Als Sohn eines blinden Ehepaares wuchs Fitzsimmons in einem klangerfülltem Hause auf und beschäftigte sich schon früh mit Musik. Während seines Auftritts schliesst er beinahe die ganze Zeit seine Augen. Vor seiner Musikkarriere arbeitete Fitzsimmons noch als Psychologe. Genauso hat sich auch das Konzert angefühlt – wie eine Therapiestunde. Die sanfte Stimme beruhigt Leib und Seele, während die deprimierenden Texte von Kummer und Trauer nur so triefen. Nach anderthalb Stunden singt Fitzsimmons die letzten beiden Lieder im Publikum, mitten in der Menge. Raus aus der tragischen Traumwelt mit Saunatemperatur und zurück ins echte Leben. Wie einfach man schöne Musik machen kann, da reicht schon eine Gitarre mit Gesang.