Singalongs und Lückenfüller

Was tun, wenn fast das ganze Publikum nur auf den Überhit von früher wartet? Man kann ihn ans Ende der Setliste setzen und versucht davor so viele neue Lieder, wie möglich runter zu spielen und streut hie und da noch die anderen Songs vom Hitalbum, die auch noch bekannt sein dürften.

Artikel 2013-12-07 The-Fratellis Artikelbild
The Fratellis im Komplex Klub (Foto: Sacha Saxer)

ds. Aussergewöhnlich früh startete der Samstag Abend im Zürcher Komplex 457 bereits. So war es nicht verwunderlich, als erst eine kleine Gruppe Zuschauer um 19:30 pünktlich für Deaf Havana anwesend war. Jedoch waren wohl einige davon gerade wegen der Vorgruppe überhaupt präsent. Deaf Havana haben sich in den letzten Jahren von einer Pop-Punk-Band zu einer radiotauglichen Alternative Rockband gemausert, die in ihrer Heimat England durchaus schon eine Menge Fans in die Hallen lockt. Auch an ihrem Auftritt im Komplex nahm die Zahl der interessierten Zuschauern exponentiell zu und stellenweise wurde im Takt mit gewippt. Zudem war auffällig, dass man die wohlklingende Stimme des Leadsängers auf der Bühne erstmals suchen musste, war dieser doch ganz rechts aussen positioniert und ging damit fast ein bisschen unter neben seinen fünf Mitmusikanten.

Als es für die Hauptband Zeit wurde mit ihrem Auftritt loszulegen, war der auf die kleinste mögliche Grösse reduzierte Saal des Komplex dann doch auch schon gut gefüllt. The Fratellis, mit zusätzlichem Live-Keyboarder, spielten zunächst Lieder vom neuen Album We Need Medicine abwechselnd mit Liedern vom Debütalbum Costello Music. Aber der Funken wollte nicht so recht aufs Publikum überspringen. Ob es an der frühen Abendstunde lag, das Publikum bei einem hohen Eintrittspreis von 56 Franken eine spektakulärere Show erwartet hatte oder auch daran, dass die Fratellis ziemlich wortkarg einfach ihr Programm runter spielten. Das erste Mal nahm der Abend an fahrt an, als bei Flathead wohl die allermeisten mit singen konnten. Anstatt dann gleich noch einen weiteren Kracher nachzulegen, nahmen die Fratellis allerdings das Tempo wieder merklich raus und nach einigen ruhigeren Nummern, war es mit Jeannie Nitro dann doch ein Song vom neuen Album, der mit treibendem Rhythmus zu einem weiteren kleinen Highlight wurde. Aber auch das hielt wieder nicht lange an, so verflachte die Stimmung abermals bis bei Henrietta der Funken endgültig auf das Publikum übersprang und die Feierei endlich begann.

Als The Fratellis sich nach einem weiteren Lied von der Bühne verabschiedeten, setzte umgehend der nach dem Lied Chelsea Dagger fordernde Fangesang ein. Ja, die Meute vor der Bühne war gerade erst aufgewacht und wollte die Band nicht einfach so davon ziehen lassen. Also kamen The Fratellis wieder auf die Bühne und spielten endlich ihren grossen Hit und schau an, das Komplex verwandelte sich doch noch in ein Tollhaus. Eingebaute Gitarrensoli und alle anderen Singalong Parts die das Konzert bisher boten zum trotz, dies war zweifelsohne der unangefochtene Höhepunkt. Danach spielten The Fratellis sogar noch einen weiteren, von gerade mal zwei Songs von ihrem zweiten Album Here We Stand. Und weil dieser Song, obwohl er meines Erachtens nie ein Hit war und im Vergleich mit vielem was zuvor gespielt wurde, nicht eher eingängig war und trotzdem vom Publikum abgefeiert wurde, stellte sich mir die Frage, ob es wirklich nötig war den Überhit so lange aufzusparen oder ob die Fratellis sich einen Gefallen getan hätten, damit das Eis schon früher zu brechen..?

Fotos: Sacha Saxer

[nggallery id=375]