Pfingstsonntag in Leipzig

25 Jahre WGT: das will gefeiert werden! Am Wochenende erreichte aber nicht nur das Wave Gotik Treffen seinen Höhepunkt, sondern auch das schlechte Wetter. Das ist schlecht für die Anbieter von Outdoor-Aktivitäten, aber das WGT hat Indoor viel zu bieten. Museen, Metal und Café. 

Das Wetter hält bis Sonntag. Dann bricht über Leipzig der Sturm herein. Am eindrucksvollsten ist er auf der Moritzbastei, wo Bühne und Stände erhöht im Freien stehen. Ich bin dort, um Schmuck zu shoppen, und muss den Kauf unterbrechen, da die Frau hinter dem Stand während der Transaktion mehrfach damit beschäftigt ist, die Planen ihres Standes fest zu halten. Hüte, Federn, Farbpigmente in Schwarzglitzer, alles fliegt davon. Wir behaupten vor uns gegenseitig, dass es beim Wind bleiben wird, und tingeln in die Agra-Halle, die mit ihren teuren Verlockungen auf uns wartet.

Und dann bricht eine sehr nasse Hölle los.

Der Regen fegt die Strassen leer. Goths flüchten unter alles, was sich gerade als Dach zur Verfügung stellt. Ein paar Spassvögel singen den Refrain von Witts Wann kommt die Flut.

Schliesslich lässt der Regen nach und vereinzelt bricht Sonne durch die Wolken. Trotzdem ist der Sonntag für Indoor-Aktivitäten prädestiniert. Viele sind auf dem Agra-Gelände, wo es Konzerte, einen Tanzfloor, eine Shoppinghalle und Cafés gibt. Die Festbänke in der grossen Halle sind nicht wahnsinnig gemütlich, aber der Ort hat sich in den letzten 25 Jahren zum Treffpunkt gemausert.

Am WGT schmeisst sich sogar das Wetter in Schale: Doppelter Regenbogen über Leipzig
Am WGT schmeisst sich sogar das Wetter in Schale: Doppelter Regenbogen über Leipzig

Indoor-Aktivitäten in Leipzig

Das Sauwetter ist auch ein guter guter Grund für Museums- oder Kulturbesuche. Das Kriminalmuseum und die Oper öffnen wie jedes Jahr ihre Tore für die Grufties. Mit dem Festival-Bändchen gibt es ermässigten Eintritt. Das Museum zeigte dieses Jahr eine Sonderausstellung über Hexen. Die Oper bot das Mozart-Requiem mit Ballet an.

Die Absintherie kredenzte an diesem regnerischen Sonntag Absinth-Spezialitäten mit klassischer Musik. Das Lokal ist wie eine Pariser Absintherie um 1900 eingerichtet und bietet seit Jahren das Absinthfrühstück an.

Der Stricknachmittag für Schwarzromantiker vom Hilfsverein Nächstenliebe e.V. findet am Sonntag leider nicht statt.

Ausstellung zum Thema Hexen: Das Kriminalmuseum zieht WGT-Besucher an.
Ausstellung zum Thema Hexen: Das Kriminalmuseum zieht WGT-Besucher an.

Harte Klänge im Felsenkeller

Am Abend ziehen wir in den Felsenkeller. Vor dem Hauptakt My Dying Bride spielen die beiden Black/Death Metal-Bands Carach Angren und Dark Fortress. Carach Angren arbeiten mit einer Tänzerin. Die maskierte Frau bedient sich vieler Ballet- und Modern-Dance-Moves, so dass die Band Ohr und Auge befriedigt. Dark Fortress sind nicht ganz so melodisch. Vielen ist die Band seit Jahren ein Begriff, die Gruppe tritt gern an Festivals auf. Nach allem, was jene erzählten, die nach den Konzerten in die Agra kamen, waren begeistert.

Als Headliner hat die WGT-Leitung My Dying Bride nach Leipzig geholt. Die Briten liefern einen Gig mit sehr dramatischer Show. Der Sänger mimt auf der Bühne einen Suizid(versuch?): Er bricht auf die Knie und spielt, als würde er sich in die Brust schiessen, stürzt zu Boden und steht schliesslich wieder auf. Der Man wirkt zerrüttet, schmerzgepeinigt, als würde er jede Silbe seiner Lyrics genau so meinen. Seine Show reisst mit, Sänger Stainthrope überträgt die Emotionen gekonnt ins Publikum.

Fragte man nach Kritik, so kam von einigen Konzertgängern: Die Akkustik. Sogar die Musik, die aus der Konserve kommt, hat übersteuert und bei My Dying Bride kommt es zu Rückkopplungen, sagt ein viktorianisch angezogener, junger Mann, der seinen Namen auf keinen Fall in der Presse lesen will.

Das ist einer der wenigen Negativpunkte beim WGT: In vielen Konzertlocations lässt Tonqualität zu wünschen übrig. Auch Lord of the Lost, die in der Agra-Halle aufgetreten sind, verkamen zu dumpfen Gewummer und undeutlichem Röhren. Der Sound wurde besser, je weiter man sich von der Bühne weg bewegte. Ausserhalb der direkt beschallten Zone ist die Tonqualität ganz gut, und der Wehrmutstropfen, dass man kaum mehr was von der Bühne sieht, wird dadurch gemildert, dass man Platz zum Tanzen hat.

Fotos: Christian Saladin