Maurice Swinkels von Legion of the Damned (Foto: Miwa Erni)
Maurice Swinkels von Legion of the Damned (Foto: Miwa Erni)

Metal Storm Vol. II in der Schüür

Keine Bezeichnung der Welt hätte diese Veranstaltung für Stromgitarrenliebhaber besser beschreiben können als «Metal Storm». Karmageddon, Zatokrev, Parasite Inc., Wolfheart und Legion of the Damned pusteten am Samstag, den 27. September die gutgefüllte Luzerner Schüür ordentlich durch.

Maurice Swinkels von Legion of the Damned (Foto: Miwa Erni)
Maurice Swinkels von Legion of the Damned (Foto: Miwa Erni)

Ein wunderschöner, gefühlt spätsommerlicher Samstagnachmittag in Luzern: Bei Grillwurst und Dosenbier liess es sich wunderbar im lauschigen Schüür-Garten auf den bevorstehenden Metal-Abend einstimmen. Der mit Holzhütten gestaltete und von Bäumen umwucherte Garten liess einen vergessen, dass man eigentlich neben einer dicht befahrenen Strasse und ebenfalls direkt neben den Bahngeleisen sass.

Um 18 Uhr startete der Abend offiziell durch die Eröffnungsband Karmageddon aus dem nahe gelegenen Sursee. Die einheimischen Death-Metaller begeisterten musikalisch und durch ausgesprochene Bühnenpräsenz. Sänger Nacho wälzte sich zwischen einzelnen Gesangspassagen immer wieder auf dem staubigen Bühnenboden um den Songs Ausdruck zu verleihen. Ein Fest – leider nur für wenige Nasen, die sich bloss mit grossem Sicherheitsabstand vor die Bühne trauten. Der Rest der Meute, die noch kommen sollte, genoss wohl noch die letzten raren Sonnenstrahlen. Nach diesem verregneten Sommer waren wohl auch ein paar Finsterlinge zu Sonnenanbetern geworden.

Der Auftakt durch Karmageddon war gelungen. Etwas weniger brachial und rasant im Tempo erklangen die Riffs und Drumparts der Basler Zatokrev. Vielmehr vermochten ihre schwermütigen, in Midtempo gehaltenen Songs die Fans der progressiven Spielart des Metals zu begeistern. Die mit verzerrter Mine vorgetragenen und durchschnittlich neunminütigen Songs wurden ihrer Schwermütigkeit mitunter durch in der Menge kursierenden Luftballons beraubt. Oder vielmehr durch zwei herumtobende Mädchen, deren Spass an den Luftballons rasch auf einen grossen Teil des Publikums abfärbte. Dieses war mittlerweile schon etwas zahlreicher vor Ort, hielt sich aber immer noch vorwiegend im Bereich hinter dem Mischpult auf.

Doch die nächste Band auf der rekordverdächtig schnell umgebauten Bühne sollte dies ändern. Es waren die deutschen Parasite Inc. Rekordverdächtig schnell schien bei ihnen normal. Denn sie waren erst kurz vorher überhaupt in der Schüür angekommen. Während andere stundenlange Vorbereitungszeit vor dem Auftritt brauchen (so erzählte uns Maurice von Legion of the Damned – das ganze Interview mit ihm gibt es demnächst auf archiv.archiv.negativewhite.ch zu lesen), so scheinen bei Parasite Inc. einige Minuten zu genügen um sie auf Hochform auflaufen zu lassen. Dieser Band merkte man deutlich an, dass sie es gewohnt sind, auch grössere Bühnen zu rocken – waren sie doch schon mit Heaven Shall Burn auf Tour und durften sich so einen relativ grossen Bekanntheitsgrad erspielen. Musikalisch waren sie mit ihrem Melodic Death Metal geradliniger und fassbarer als ihre Bühnenvorgänger Zatokrev. Das Publikum schien dies zu schätzen.

Wolfheart aus Finnland schienen das Publikum wiederum zu spalten. Sie waren mit Abstand die melodiöseste Band des Abends, da sie folkig angehauchte Elemente in ihre Songs mit einfliessen lassen. Sänger Tuomas ist durch die Bands Black Sun Aeon oder Before the Dawn ein durchaus bekanntes Gesicht in der Metalwelt und seine breit gefächerte musikalische Erfahrung schlägt sich deutlich im Sound von Wolfheart nieder.

Die Umbaupause für Legion of the Damned dauerte als Einzige etwas länger. Also hatte man endlich einmal Zeit sich das gebotene Rahmenprogramm des Metal Storms anzusehen. So fand sich zum Einen der Merchstand mit zahlreichen Tonträgern und T-Shirts, die das Metalherz erfreuten. Nichts Ungewöhnliches natürlich. Ins Auge stach vielmehr die ausgestellte E-Gitarre in der hintersten Ecke des Parterres. Dies war der Stand von Musik Niederberger und die ausgestellte Gitarre war keine Geringere als eine von Legion of the Damned signierte Peavey AT200. Wenn der oder die Gitarrenvernarrte ein unscheinbares Teilnahmezettelchen in die Box warf, hatte man sogar die Chance, diese Gitarre vielleicht bald sein Eigen zu nennen. Die Auslosung des Gitarrenwettbewerbes fand aus organisatorischen Günden leider nicht am selben Abend statt sondern wurde auf Ende dieser Woche verlegt. Es bleibt also spannend.

Ein weiterer Programmpunkt sprach all jene an, die nicht nur dem Lagerbier zugetan waren sondern einen feineren Gaumen für Bourbon-Whisky-Genüsse besitzen. Der Stand von Alex hatte für diese ein ausgewähltes Sortiment vor Ort.

Die Nacht war längst eingebrochen und die letzten Sonnenstrahlen des schönen Tages hinter den Bäumen des Schüürgartens verglommen. Dieser leerte sich just in diesem Augenblick, als aus dem Dachgeschoss der Schüür die ersten Takte von Legion of the Damned erklangen. Nebel auf der Bühne. Schemenhafte Gestalten mit langen Haaren tauchten immer wieder aus dem wabernden Meer auf. Und schliesslich Sänger Maurice’ unverkennbare Stimme – wütend und pointiert. Wie im Vorfeld über YouTube-Videos angekündigt spielten sie ein längeres Set als gewöhnlich und somit rund eine Stunde. Der Saal der Schüür war immer noch nicht bis in die letzte Ecke gefüllt, aber wer als Death Metal Fan nicht in Lyss bei Bolt Thrower die Mähne schüttelte war sicher anwesend. Eine Überschneidung, welche die Metal Storm-Veranstalter bedauerten, aber leider nicht ändern konnten, da der Gig von Legion of the Damned bereits etwa ein Jahr im voraus geplant war. Die Hitze stieg im alten Holzgebälk der Schüür trotzdem merklich an und die Fans feierten die Songs der neuen Platte Ravenous Plague genau so wie Klassiker der älteren Scheiben. Neue Songs wie Mountain Wolves under a crescent Moon, Summon all Hate oder Doom Priest zeigten auch live, dass der neue Gitarrist Twan, welcher den alteingesessenen Richard ersetzte, etwas frischen Wind in den typischen Legion-Sound bringen konnte. Auch sein Mitstreiter Hein, welcher bereits früher als zweiter Live-Gitarrist mit von der Partie gewesen war, tat sein Übriges, die Soli und Riffs bis aufs Äusserste zu verfeinern. Wer bereits Konzerte der Band mit nur einem Gitarristen gesehen und besonders gehört hat, der wird wohl nicht schlecht gestaunt haben, was zwei derartig grossartige Gitarristen aus den typischen Legion of the Damned-Songs herausholen können.
Sänger Maurice war überdies sichtbar gut aufgelegt und forderte die Menge immer wieder durch Handzeichen zu Circle Pits auf, die auch bereitwillig zu kreisen begannen, wann immer sich die Gelegenheit bot. Beim letzten Song, namentlich Legion of the Damned, holte die Band sogar das Publikum auf die Bühne und feierte sich selbst und die Fans noch einmal gebührend. Was für ein Abschluss! Ein Abschluss soll es leider auch für über ein Jahr sein. Wie Maurice im Interview verriet, werden Legion of the Damned im kommenden Jahr keine Konzerte in der Schweiz, in Deutschland und in Österreich spielen. Erst 2016 werden sie wiederkommen. Was dann musikalisch auf uns wartet steht noch in den Sternen – wie dieses Konzert und auch das Interview zeigte, stehen die Sterne jedoch weiterhin gut für die Holländer.

Der nächste Metal Storm-Abend wird bereits jetzt freudig erwartet – die Veranstalter Alex und Philipp von Metal Storm haben an dieser Stelle ein grosses Lob für diesen sehr gut organisierten Konzertabend verdient. Bei ihnen können sich andere Veranstalter durchaus ein Scheibchen abschneiden.

Fotos: Sacha Saxer, Tarja & Miwa Erni