Irrlicht gehört mittlerweile zu den festen Grössen der Schweizer Gothic-Szene. Am 17. Oktober erscheint ihr neues Album «Près du miroir». Was darf man von ihm erwarten? Wir haben reingehört.

Der Titel lässt es erahnen, frankophobe Personen sollten sich warm anziehen, denn knapp die Hälfte der Lieder auf dem Album sind in französischer Sprache, was bei einer Band aus dem Zürcher Oberland doch etwas speziell ist. Allerdings lohnt es sich, das alte Schulfranzösisch wieder abzustauben und sich mit den Texten auseinander zu setzen. Das beginnt schon mit dem Intro mit dem minimalistischen Titel P. Schleppend stampfende Beats, die nach und nach von unheilsam krächzenden Synthesizerklängen begleitet werden, bis Daniela Dietz mit
Les yeux inconnus,
qui sont si familiers
pour moi.
Dans cet espace,
m’ont amené la vie.
Tes yeux!
Tes yeux!
Die Passage aus Rainer Maria Rilkes Der Panther (auf deutsch) als Intro zum ansonsten auf französisch gesungenen La course des rats dient neben einem wunderbar melancholischen Einstieg auch als Hinweis darauf, dass die Musik von Irrlicht nicht nur zum Tanzen, sondern auch zum Nachdenken ist. Gerade Abschied ist ein schönes Beispiel dafür, dass man es hier oftmals mit vertonter Poesie zu tun hat, auch wenn der Track gute Chancen hat, an verschiedenen Gothic-Parties gespielt zu werden und die Tanzfläche zu füllen.
Die Kompositionen von Markus Nauli und der Gesang von Daniela lassen auf musikalischer Ebene immer wieder Vergleiche zu L’Ame Immortelle zu, die Texte weisen aber mehr Tiefe auf und laden zur stillen Reflexion ein. Es wäre beinahe ein Verbrechen, die Lyrics an dieser Stelle breit zu treten und interpretieren zu wollen. Jeder Hörer sollte die Möglichkeit haben, sich ohne Vorbelastung mit ihnen auseinander zu setzen, denn wie ein Gemälde sprechen auch diese Texte jeden Einzelnen an und werden von jedem auf seine eigene Art und Weise empfunden und verstanden.
Wer auf intelligente Musik steht, wer bereit ist, sich tiefer mit den Texten und der Musik auseinander zu setzen, wer seinen musikalischen Horizont erweitern will… all die sollen sich das neuen Album Près du Miroir von Irrlicht unbedingt holen. Eine wunderbare Symbiose elektronischer Klängen mit poetischen Texten. Eckig und kantig, mit Tiefgang und dennoch tanzbar. Eines der interessantesten Alben des Jahres.
Release:
17. Oktober 2014
Label:
Dance Macabre
Tracklist:
01 – P (Intro)
02 – Projekt: Abgrund
03 – La course des rats
04 – Abschied
05 – En fibre de verre
06 – Anderswelt
07 – Monocave (OTS)
08– Licht& Zeit
09 – Wenn du da bist
10 – Dans ce miroir
11 – Outro
12 – La course des rats (Clubmix)
13 – Dans ce miroir (NTL Clubmix)
14 – Höhenflug