Das Loudfest stand 2014 unter den Mottos Punk/Rock Wednesday und Hardcore/Metal Thursday. Im kleinräumigen Komplex Klub gaben sich kleinere und grössere Legenden der härteren Musik währen zwei Tagen die Klinke in die Hand.

Das diesjährige Loudfest wurde nicht wie üblich auf ein Wochenende gelegt, sondern am 30. April und 1. Mai, schön um den Tag der Arbeit geschachtelt. Gut für die Zürcher, jedoch für alle, die aus Regionen kommen, die den Feiertag nicht als solchen anerkennen, nicht so bombig. Die Auslegung des Datums hatte aber durchaus auch Vorteile für das Booking, denn nur wenige Tage später fand im belgischen Meerhout das Greozrock, eines der grössten Hardcore und Punk Festivals Europas statt. Kaum eine Band also, die in ihrem Tourplan nach dem Loudfest nicht auch dieses Festival gelistet hatte.
Punk/Rock Wednesday
Als ich am ersten Festivaltag am Zürcher Komplex ankam, standen Bayside bereits auf der kleinen Bühne im Klub. Sie hatten die etwas undankbare Aufgabe die früh erschienen Besucher aufzuwärmen. Mit melodiösem Punk-Rock fegten sie schon gut los, konnten aber das noch etwas lustlos wirkende Publikum nicht recht animieren. Nach einem halbstündigen Auftritt war dann auch schon wieder Umbaupause angesagt, welche an beiden Tagen jeweils bei den ersten drei Bands immer etwa gleich lange dauerten, wie die eigentlichen Spielzeiten der Bands. So blieb stets mehr als genug Zeit zwischen den Konzerten den im Erdgeschoss grosszügig aufgebauten Merchstand aufzusuchen, sich am veganen Foodcorner zu verköstigen oder seinen Durst an der Bar zu stillen.
Blieben Bayside noch eher fahl, sprang der Funken bei The Wonder Years, der zweiten Band des noch sehr jungen Abends, relativ schnell aufs Publikum über. Sänger Dan «Soupy» Campbell, der sich nicht zu cool war, wiederholt unter seinem markanten Bart bis über beide Ohren zu lächeln, hielt öfter mal das Mikrophon in die Menge und stachelte so die Zuschauer zum Mitsingen an. Danach ging es mit Saves The Day vergleichsweise recht poppig weiter und um es kurz zu machen, live konnte ich mich mit der nasalen Singstimme von Chris Conley noch weniger anfreunden als auf CD. Durchaus besser gefiel mir was danach von Brand New geliefert wurde. Komplexere Songstrukturen bei denen hie und da eine groovy Bassline hervorstach, mit ruhigen, melodiösen Passagen die dann im richtigen Moment explodierten und voller Energie auf den Konzertbesucher niedergingen. Hier stimmte einfach alles, Brand New das bisherige Highlight des Festivals.
Später war es Zeit für den ersten Headliner des Loudfests. Je eine Stunde Spielzeit wurde laut der aufgehängten Running Order für die Punkrock-Veteranen Alkaline Trio und Ignite einberechnet. Beim Dreier aus Illinois drängten sich das Publikum schon bevor sie auf der Bühne standen dicht an dicht. Auffällig übrigens die Ausgewogenheit der Geschlechter während des gesamten Tages. Dank einer beachtlichen Zahl von Liedern, verteilt auf neun Alben, konnte das Alkaline Trio einen guten Einblick in ihr Gesamtwerk vermitteln und die Stunde kurzweilig mit neuen und alten Songs in gleichem Masse füllen. Des weiteren beachtlich wie der Gitarrentechniker von Matt Skiba vielseitig eingesetzt wurde, als er zum Beispiel mit seinem Handy Matt von der Seite anleuchtete, nachdem die Beleuchtung kurz mal ausfiel oder wie er einem schlitzohrigen Fan nachjagte, der Plektren von Matts Mikrophonständer klaute.
Nachdem der Auftritt von Alkaline Trio beendet war, leerte sich der Komplex Klub zu grossen Teilen. Es war mittlerweile nach 23 Uhr und anscheinend konnten Ignite nicht alle am nächsten Tag Arbeitenden zum länger bleiben bewegen. So bedankte sich Frontmann Zoli Téglás nach ein paar Songs fürs Bleiben der Gäste und meinte: «So you don’t have school tomorrow? Yeah, this is old-school!» Dann feuerten Ignite, die sich nach über 20-jähriger Karriere zurecht als Old-School bezeichnen können, weiter und boten den richtigen Sound für alle die nochmals den Mosh-Pit aufmischen wollten.
Hardcore/Metal Thursday
Der zweite Tag am Loudfest startete noch früher als der erste. Während auf dem Helvetiaplatz die 1. Mai Demo in vollem Gange war, standen im Komplex Klub bereits Scream Your Name auf der Bühne. Die Berner eröffneten den Hardcore/Metal-Abend. Das Publikum, ähnlich wie schon am Tag zuvor, war erstmals mit beobachten und zuhören zufrieden, bis jemand zum Schluss hin den Pit eröffnete und plötzlich Violent Dancing angesagt war. Ja, ging also doch schon ordentlich los und auch bei der aus Amsterdam stammenden Band The Charm The Fury hielt sich das Violent Dancing, obwohl die Sängerin der Band einige Male die grösstenteils im Kreis aussen herumstehenden zum Circle Pit mit animieren wollte. Glückten ihr die Animationsversuche nicht so, machte sie dies locker mit ihrer Stagepräsenz und stimmlichen Künsten wett. Die Clean Vocals und das Shouting gelangen ihr sehr gut und sie stand somit in keinster Weise im Schatten ihrer männlichen Kollegen.
Weniger Hardcore dafür mehr melodiösen Old-School-Punk lieferten Misconduct aus Schweden. So stimmten sie zwischendurch auch mal den Pennywise Klassiker Bro Hymn an. Im Publikum hüpfte und moshte man wieder mehr und die Gefahr dass man im Pit einen Zahn ausgeschlagen bekommt war wieder wesentlich gesunken. Als nächstes standen Touché Amoré auf der Bühne. Dass sie wohl eine schweisstreibende Show geplant hatten, erkannte man schon daran, dass ihr Schlagzeuger bereits nur in Shorts bekleidet die Bühne betrat. Ähnlich wie auch bei Brand New am Vorabend, zeichnet sich der Sound von Touché Amoré dadurch aus, dass er ruhige Stimmungen erzeugt, zuweilen auch mit eingespielten Samples, und dann um so härter wie eine Welle den Zuhörer erfasst. Auch irgendwie komisch zu sehen, wie Sänger Jeremy Bolm auf und ab tigerte und dabei seine Songzeilen ins Mikrophon schrie, stand er doch vor wenigen Stunden noch beim Merchandise und antwortete recht zaghaft und fast schon ein wenig schüchtern, als Fans ihn ansprachen.
Stick To Your Guns standen als nächstes im Line-Up und gleichzeitig wohl ganz oben in der Beliebtheit beim Publikum. Dass der zweite Festivaltag restlos ausverkauft war, erkannte man hier sehr gut, als die Leute bis weit hinter die Bar eng nebeneinander standen. Was auch immer Sänger Jesse Barnett ins Mikrophon sagte zwischen den Songs, wurde umgehend mit Applaus quittiert. Zeigte er an, dass es Zeit für einen Circle-Pit wurde, folgte die Fan-Schar innert Sekunden. STYG hatten den Klub komplett im Griff und heizten mit ihrem Metalcore zudem gehörig ein. Von wegen «Nothing To Prove», Als Vertreter der New-York-Hardcore-Szene lag es nun an H2O die Stimmung weiter zum kochen zu bringen. Die Altmeister regelten das gut, auch wenn es vorne wieder nicht mehr ganz so eng war, so blieb eben mehr Platz für Pogo und Crowdsurfing.
Das Festival ging langsam dem Ende zu. Beim veganen Imbissstand gab es schon lange nur noch süsse Backwaren und auch die Zapfhähne fürs erfrischende Bier wurden bereits komplett geleert. Doch eine Band, stand erst noch in den Startlöchern und für die lohnte sich das Bleiben allemal: BoySetsFire! Wer die Tanzfläche noch nicht besucht hatte, der erhielt hier die letzte Chance und sollte sie wahrlich nutzen. Das Spiel zwischen singen und shouten klappte hervorragend. Eine energiegeladene Performance bis zum Schluss, als BoySetsFire mit Empire einen epischen Schlusspunkt für das Loudfest 2014 setzten.
Fotos: Sacha Saxer