Die perfekte Lautstärke

Seit einem Kinobesuch in Frankfurt ist mir eines bewusst geworden: Die Lautstärke muss stimmen. Es war phänomenal! Natürlich lag das zum großen Teil auch an dem großartigen Film «Django Unchained», aber auch an der richtigen Lautstärke.

von Maximilian Heil

Sie wissen nicht welche Lautstärke gemeint ist? Folgende Situation: Sie hören ein Lied von Ihrem Lieblingskünstler und natürlich haben Sie es schon mindestens drei hundertmal gehört, kennen es quasi in und auswendig, doch plötzlich klingt da „so was“ anders. Und dann merkt man: «Whoa! Das singt ja das Bandmitglied im Hintergrund mit, bei dem Gitarrensolo ist der Bass ja auch der Hammer!»

Es ist genau dieser Moment, in dem Sie feststellen, dass Sie sonst das Lied zu leise abspielen und gewisse Teile einfach überhören. Genau so bekommt man immer noch Gänsehaut von Liedern, die man schon etliche Male gehört hat. So geschah es auch an jenem Abend.
Es war die perfekte Lautstärke. So was gab es lange schon nicht mehr. Als Kind kann ich mich sehr gut an ohrenbetäubende Lautstärke der Heinefilm-Werbung namens Jetzt ist Zeit für ihre Werbung erinnern. In den letzten Jahren, kam es mir vor, als wäre diese entweder deutlich leiser geworden mitsamt dem Kinospaß oder ich habe einen Hörsturz erlitten.
Aber ich kann aufatmen. Es liegt am Kino. Das Kino in meiner alten Heimat war einfach immer viel zu leise.

Also sitz’ ich im Film und es ertönt Django von Rocky Roberts & Luis Bacalov und nahm mich mit dem Intro mit in das Amerika des 19. Jahrhunderts. Als die kleinen Geigensolis in der zweiten Strophe einsetzten, ging mein Herz auf. Das Lied über Dr. King Schultz liefert die Vorgeschichte zum Charakter und ist gleichzeitig stilvoll und passend komponiert sowie integiert.
Auf Big Daddys Farm, als Django einen der Brittle-Brüder durch sein Fernrohr sieht, kommen alte Emotionen hoch. Freedom von Anthony Hamilton setzt ein und es wird gezeigt, welche Qual und Not Django und seine Frau Brunhilde durchlitten. Die Peitschenhiebe, die Schreie, die Musik – intensiv.
Nach diesem Rückblick rennt Django zum Stall um zwei Brittle-Brüder zu stellen und das Stück La Corsa von Louis Bacalov wird eingespielt. Mein Herz schlug rasant, die Geige ertönt schnell, hoch, schneller, höher, lauter und mein Herz blieb stehen, bis es von zarten Haromonien der Geige erlöst wurde und die Pauken mitsamt der Trompete einsetzten.

Spulen wir ein bisschen vor. Mittlerweile befinden wir uns auf Candyland, nachdem Django und Schultz aufgefolgen sind. Calvin J. Candy gibt sich nicht mit 12’000 Dollar für Brunhilde zufrieden. Er will einen festen Händedruck von Schultz. Dieser, angewidert von Sklavenhandel und erst recht von Candy, fällt aus seiner Rolle und kann es sich nicht nehmen lassen, Candy ein Ende zu setzten. Schultz schiesst, Candy stirbt und es kommt zum großen Shootout im Haus. Die überdrehte Gewalt, die Effekte beim Einschlagen einer Kugel in Mensch und Material, das Stürmen von Django in den Flur unterlegt mit James Brown und 2pac zaubern einem ein Lächeln ins Gesicht.
Am Ende sprengt Django das grosse Anwesen und Trinity: Titoli, das berühmte Introlied von My Name is Trinity läuft an. Ein perfektes Ende.

Eine Woche später ging ich in das Kino in meiner Heimat und bangte, dass ich mit der gleichen Lautstärke bedient werde. Nach diesem Erlebnis steht eins für mich fest: Dieses Kino wird boykottiert! Musik wird nur noch in entsprechender Lautstärke gehört!

Maximilian Heil ist Musikbegeisterter. Er lebt und studiert in Darmstadt.