Blue Balls 2015: Tag für Tag

Das Montreux Jazz Festival der Deutschschweiz, ein Aufeinandertreffen der verschiedenen Künste, musikalisches Geschehen für jeden Geschmack und eine Woche Luzern in Blautönen: Das Blue Balls Festival im Herzen der Zentralschweiz lockt Jahr für Jahr ein breites Publikum an, genauso wie die Veranstalter auf ein breites Angebot setzen.

Neun Tage Künstler und Besucher aus aller Welt, neun Tage Musik, Fotografie und Videokunst, neun Tage schönste Atmosphäre am Ufer des Vierwaldstättersees. Das traditionelle Blue Balls Festival lockt auch dieses Jahr wieder mit einem hochkarätigen Programm, welches nebst kostenpflichtigen Konzerten auch ein kostenloses und nicht minder abwechslungreiches Programm rund um das KKL Luzern bietet. Die Mischung macht es aus und so kommt der Festivalgänger nebst Musik auch in den Genuss von Diskussionsrunden mit den Künstlern, Videoinstallationen, einer exklusiven Fotoausstellung und ordentlich kulinarischen Leckerbissen. Um bei mehr als einer Woche Dauer die Übersicht zu behalten, haben wir für jeden Tag einen Programmpunkt herausgepflückt. Die definitive Menügestaltung ist schlussendlich jedem persönlich überlassen.

Freitag, 17. Juli

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JJ Rosa, eine Musikerin die so einiges vereint. Da trifft Funk auf Soul, vermischt sich mit Blues und obendrauf knallt eine gehörige Portion Rock. Das Ganze abgerundet mit Disco-Look und den beeindruckenden Gitarren-Künsten von Jessica Rose Hancock, alias JJ Rosa. Die Musikerin, welche stimmlich stark an Amy Winehouse erinnert und gitarrentechnisch an eine Symbiose aus Prince und Jimi Hendrix, wird als musikalische Hoffnungsträgerin gehandelt. Nach Auftritten für Stevie Wonder und Konzerten des Gitarrenherstellers Fender macht sich die aus Manchester stammende Power-Frau auf, auch hier das Publikum von ihrer Energie und Sexyness zu überzeugen. Wenn also auf einer Bühne Namen wie Amy, MJ, Prince oder Jimi zusammentreffen und Soul, Funk und Rock erklingen, dann spielt JJ Rosa auf der Pavillon-Bühne am Eröffnungstag des Blue Balls. Und das sollte sich keiner entgehen lassen.

Samstag, 18. Juli

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Drei Damen aus Paris, eine Band namens Theodore, Paul & Gabriel. Diese Kombination klingt auf den ersten Blick schwer nach triefend romantischem Chanson, irgendwo zwischen Edith Piaf in Trio-Formation und einem sülzenden Serge Gainsbourg mit einer Jane Birkin zu viel. Doch die drei jungen Französinnen hauen den Zuhörern keine vor Liebeskummer getränkten Balladen um die Ohren, sondern in Lederjacken gepackte Folk-Pop-Stücke mit einer angenehmen Prise 60er- und 70er-Jahre-Rock. Die Anfänge des Trios gehen auf eine Bekanntschaft in einem Pariser Café 2009 zurück, führten zu einem charismatischen Frauen-Trio und überraschten das Publikum mit bis anhin zwei Rock-Pop-Alben zwischen Janis Joplin, französischem Glamour und einer gesunden Portion junger Rebellion. Als Eröffnungs-Act der wohlbekannten ZAZ, welche mit ganzer Big Band in Luzern vorbeischaut, wollen die Musikerinnen namens Louise, Pauline und Clémence auch ausserhalb der Romandie das Schweizer Publikum für sich gewinnen.

Sonntag, 19. Juli

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Troubadour, Singer-Songwriter und stets in Bewegung: Geboren in Daytona Beach, Florida zog es den heute 33-jährigen Christopher Paul Stelling schon während seiner Kindheit und Jugend an viele Orte. Mal wohnte er in Colorado, dann Washington, daraufhin Massachusetts und auch North Carolina. Und dies noch bevor der Amerikaner mit seinen weit unterschätzten Folk-Kompositionen durchs Land tingelte. Der stets reisende Stelling erzählt auch in seinen Liedern von Geschichten, die ihn und seinen Weg geprägt haben. Einen Weg, den er seit Jahren stets mit einer wunderbaren, wenn auch abgenutzten Nylon-Gitarre geht und seine Stücke mit markanter, erzählerischer Stimme vorträgt. Schon nur wer sich Christophers zwei Alben anhört und Videos von ihm sieht, erkennt die Intensität und den Fokus in seiner Musik. Umso schöner, ist sein eindringliches Spiel am Blue Balls für alle zugänglich, wenn der Singer-Songwriter abends vor dem KKL seine melodiösen Geschichten in den Abendhimmel sendet.

Montag, 20. Juli

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Ein Film über eine Band. Besser gesagt eine dokumentarische Herangehensweise über deren Entstehung, Sein und Ende. Solche in bewegte Bilder gefassten Geschichten gibt es zwar von zahlreichen musikalischen Formationen, doch kaum ein Film ist so erzählerisch und mit gezielter Bildsprache festgehalten wie Florian Habichts Werk über die englische Rockband Pulp. 1978 gegründet, entwickelte sich die Britpop-Gruppe um Jarvis Cocker zu einer Art Working-Class-Überband. Die Musiker stammten aus Sheffield, einer damals einfachen Arbeiterstadt, bewohnt von den sogenannten «Common People». Einfache Leute, die harte Arbeit leisten und an die sich die Texte und Musik von Pulp stets richteten. Der Film hat etwas Verbindendes, lässt sowohl die Band als auch diese englischen Originale zu Wort kommen. Der deutsche Regisseur Habicht zeigt auf, wie Pulp mit Liedern wie Common People oder This Is Hardcore die 90er prägten und 2011 ein glorreiches Comeback gaben. Pulp: A Film about Life, Death and Supermarkets: Der Titel fasst zusammen, was diese Band und ihre Fans ausmachen. Und nebst Leben, Tod und schummrigen Supermärkten erklingt stets die kritische, wie auch beschwingende Musik einer Band, die für sich steht. Das Blue Balls Festival zeigt den Film täglich um 22 Uhr im KKL Auditorium. Musik und Kino in einem also.

Dienstag, 21. Juli

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Zwei Mexikaner, ausgestattet mit akustischen Gitarren. Was nach Mariachi-Band klingt, ist in Wahrheit das wohl erfolgreichste und in vieler Hinsicht auch innovativste Gitarren-Duo unserer Zeit. Und unter dem Namen Rodrigo y Gabriela ist auch direkt klar, wer dahintersteckt. Denn diese beiden Namen stehen seit fast fünfzehn Jahren und neun Alben für Gitarren-Virtuosität der Extraklasse und landeten 2006 als erste Band überhaupt mit einem Instrumentalalbum auf Platz eins der Charts. Rodrigo Sánchez und Gabriela Quintero, so die beiden mit vollem Namen, gründeten ihr akustisches Rock-, Flamenco, Pop- und Perkussions-Duo nach dem Scheitern ihrer früheren Trash Metal-Band Tierra Acida. Zum Glück, lässt sich im Nachhinein sagen. Seit ihrem Erfolgsalbum «Rodrigo y Gabriela» tourt das sympathische Duo mit seinen mitreissenden Kompositionen und beeindruckenden Akustik-Covern von Led Zeppelin oder Metallica durch die ganze Welt und zieht die Leute in seinen Bann. In Luzern treten sie im elegant und akustisch perfektionierten Konzertsaal des KKL auf, wo sich trotz bequemer Polster wohl niemand mehr in den Sitzen wird halten können.

Mittwoch, 22. Juli

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21 Jahre jung und doch schon ein fester Name, wenn es um stilvolle Modefotografie geht. Wie jedes Jahr lässt das Blue Balls Festival einen Fotokünstler das Aushängeschild der jeweiligen Ausgabe ablichten. Diese Ehre kam 2015 der französischen Fotografin Fanny Latour-Lambert zu Gute. Sie inszenierte den Singer-Songwriter und Überflieger James Bay mit ihrer persönlichen Note. Doch nicht nur ihr Bild des englischen Musikers ist Teil des diesjährigen Festivals, vielmehr haben die Besucher mit dem Blue Balls-Pinn die Möglichkeit, eine umfassende Ausstellung des Jungtalentes zu besuchen. Die gesamte Festival-Dauer über wird auf der Terrasse des KKL eine Auswahl von Latour-Lamberts Arbeit ausgestellt und lädt die Besucher zum Verweilen und Staunen ein. Das Zusammentreffen von Natur, markanten Gesichtern, körnigen und rauen Farben sowie emotionsgeladene Momentaufnahmen prägen die Arbeit der Pariserin. Und arbeitet die 21-Jährige auch hauptsächlich im Modebereich, so umfasst ihre Fotografie doch viel mehr. Davon kann sich jeder mit seinen eigenen Augen einen Eindruck machen.

Donnerstag, 23. Juli

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Königlicher Epos, dafür steht der aus England stammende Singer-Songwriter und Stimmwunder David Rhodes, kurz RHODES. Königlich aufgrund seines geschichtsträchtigen Vornamens, episch aufgrund seiner emotionalen, wie gleich brachialen Folk-Songs. Hätte dieses Jahr nicht der Jungspund James Bay den ersten Platz der englischen Singer-Songwriter-Elite für sich beansprucht, hätte Rhodes diese Aufgabe ohne Weiteres übernehmen können. Doch als könnte man es sich ausrechnen, hat es pro Jahr wohl nur einen Platz für einen Überflieger dieser Sparte. Vielleicht umso besser, hat doch der aus Baldock stammende Musiker so noch Zeit seine Werke auszureifen, um auch dem hinterletzten Zweifler seinen Status als königlicher Folk-Musiker darzulegen. Mit Stücken wie Raise your Love, Breathe oder seinen aktuellen Single Turning Back Around beweist der 2013 auf die Bühne getretene Brite sein Fingerspitzengefühl für grosse Kompositionen mit feingeschliffenen Texten. Und am Blue Balls wird der charmante Herr mit der emotionsgeladenen Stimme vor Angus & Julia Stone den Abend im Luzerner Saal eröffnen. Eine gute Möglichkeit, sich noch vor seinem im September erscheinenden Debütalbum einen musikalischen Eindruck zu verschaffen. Gänsehaut ist vorprogrammiert.

Freitag, 24. Juli

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Das Jahr 1995: Der 20-jährige Christian Krämer entdeckt die Faszination der Spraykunst für sich. Sein Testgebiet: Die Rheinstrandhalle in Karlsruhe, da lässt sichs legal und im grossen Masse ausprobieren. Dass hinter dem Jugendlichen mit den Farbdosen ordentlich Talent steckt, wird schnell klar. Krämer bleibt dran, studiert Design in Mainz. Auf einmal folgen Einladungen. Nach Amsterdam soll es gehen, mit anderen Künstlern eine riesige Wand umgestalten, ist das Ziel. Seit diesem ausschlaggebendenden Punkt sind mittlerweile mehr als zehn Jahre vergangen. Mittlerweile gehört Krämer, bekanntgeworden als Dome, zur internationalen Elite der Illustratoren und Street Artists. Mit seinem Stil zwischen Realismus und Surrealismus ist er ein Aushängeschild der Avant-Garde-Szene und bereiste mit seiner Kunst die ganze Welt. Wer live miterleben will, wie Street Art entsteht und wie schnell solch ein Werk erschaffen werden kann, der hat die Möglichkeit dem Deutschen am Abend über die Schulter zu schauen. Denn wie immer bietet das Blue Balls Festival täglich nach 22 Uhr internationalen Künstlern eine Bühne und lässt ihrem Schaffen auf der Pavillon Bühne und dem KKL Plaza freien Lauf. Und wem die entstandenen Bilder gefallen, kann diese erst noch erschwingen. Music meets Art, meets Blue Balls Lucerne; eine gelungene Abwechslung.

Samstag, 25. Juli

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Was wäre ein Festival ohne einen gelungenen Abschluss mit ordentlich Wumms. Also einem Endgang, bei dem noch einmal alle Beteiligten aus ihren Reserven kommen und ein letztes Mal bis in die Morgenstunden tanzen, feiern und sich an die Highlights der vergangenen Tage erinnern. Gut gibt es diese Möglichkeit auf Ausgelassenheit im Anschluss an das reguläre Konzertprogramm im KKL so gut wie jeden Abend. Und zwar ab 23 Uhr im Club des Hotels Schweizerhof. Vorausgesetzt der Festivalpinn ist montiert, denn der ist seine 20.- Franken mehr als wert. Nebst dem verlängerten Musikerlebnis im Schweizerhof bis um vier Uhr morgens bietet er freien Eintritt zur Fotoausstellung, Zugang zu der Terrasse des KKL und weitere feine Vorzüge. Spätestens am letzten Abend des Blue Balls sollte Mann und Frau mit Pinn ausgestattet sein, schliesslich wartet das Festival nach Sophie Hunger im Luzerner Saal und James Vincent McMorrow im Konzertsaal mit einem fulminanten Abschluss im Schweizerhof auf. Die Zürcher Live-Electronic-Truppe Nathan Le Blanche heizt dabei ordentlich ein und die Bar im Club schenkt bis weit nach Mitternacht zünftig aus. Wo also Partyhungrige auf Singer-Songwriter-Fans treffen und Jazz-Liebhaber mit Rock-Fanatikern abfeiern, da vereint das Blue Balls Festival all seine Gäste und zeigt auf, wie sehr Musik verbindet. Tag für Tag, Jahr für Jahr.

Weitere Informationen zum Blue Balls Festival.