«Bete dich selbst an»

Seine Message war letzten Monomontag klar: Suche die Antworten nicht bei anderen, suche sie bei dir selbst. Was sich ziemlich philosophisch, wenn nicht sogar esoterisch anhört, lebt Daniel Sage mit seiner direkten und schrägen Art dem Publikum vor.

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Daniel Sage in Aktion. Seht ihr das Weisse in seinen Augen? (Foto: Erik Hefti)

Ein Gastbeitrag von Erik Hefti

Das Setting ist schon ein bisschen sonderlich für den Portier: zwei Stuhlreihen sind im Halbkreis vor der kleinen ‘Bühne’ aufgestellt. Vorne ein Typ, der ein x-beliebiger, junger amerikanischer Erwachsener sein könnte. Er ist es jedoch nicht. David Sage ist ein Singer-Songwriter, der den Menschen mit seiner Musik etwas mitgeben will. Das macht er mit seiner Akustik-Gitarre, die mit harten Riffs seine leicht angeräucherte Stimme begleitet. Viele Kratzer lassen erahne, dass diese Gitarre schon einiges mitmachen musste. Mit sperrangelweit offenen Augen und leichter Punkattitude präsentiert Sage seine Texte.
Er rockt die Bühne auf eine ganz spezielle Art. Er fällt kurzweilig fast schon in Trance. Das muss man vermuten, da seine Auge so weit nach oben schauen, sodass man nur noch das Weisse sieht. Kann aber auch sein, dass seinen Lyrics auf der Innenseite seiner Augenhöhle geschrieben stehen. Das Publikum hat anfänglich ein bisschen Mühe damit, aber es gewöhnt sich daran und findet das Konzert dann auch unterhaltsam.

Vom Gypsy-Leben zum Produzent von den White Stripes

Der aus North Carolina stammende Daniel Sage kann aber auch anders: ruhige Töne mit Country-Einflüssen kommen von der Gitarre, die Stimme singt nachdenklich über ernste Themen: im Leben loslassen können, alte Freunde verlassen und die Bedeutung von Heimat. Davon handelt das Lied Tennessee.

So chaotisch den Spagat zwischen ganz dem ungezähmten Wilden und dem melodiösen Ruhigen zu meistern, ist bemerkenswert. Bemerkenswert ist auch die musikalische Karriere vom 22-Jährigem. Ein paar Jahre ist Daniel Sage in der Band «Gypsy Wildlife» unterwegs gewesen. Die ganze Zeit. Das Ziel der Strassenmusiker war, ständig und immer auf Tour zu sein. Praktisch gesehen, hatten sie etwa die Hälfte der Zeit eine fest geplante Club-Tour und in der anderen Hälfte tauchte die Band einfach irgendwo, in irgendeiner beliebigen Bar auf und spielte ihre Musik. Das ewige Zusammensein der Musiker führte aber zu Diskussionen und Streitereien, die keinen wirklichen Anfang oder Ende hatten. «It was a great time, but saidly had to end.», erklärt Sage.

Danach lernte Daniel Sage über ein paar Ecken John Humpton kennen. John Humpton ist ein Grammy-gekrönter Musikproduzent und hat unter anderen mit den White Stripes an einem Album gearbeitet. Letzten Dezember hat es Daniel in Memphis, Tennessee, auch geschafft, mit ihm eine Platte aufzunehmen mit dem Titel Wildlife. Auf diese ist er sehr stolz.

Ohne Plan und doch witzig

Nach dem ersten Song will sich Sage beim Publikum bedanken «for building such beautiful mountains». Er habe gerade in Bern gespielt und auch Kandersteg besucht und habe schon lange nicht mehr so schöne Berge gesehen.  Mit dem Love Song beweist Sage, neben seinem wilden Gehacke, das sich wirklich noch nach Musik anhört, auch Humor. «We’ll smoke some dope and we’ll feel better» und beendet das Stück mit einem starken Husten. Dass Sage völlig im Moment lebt, zeigt sich auch kurz vor der Pause: «So, I’m finished with my first part of the concert and now you’ll buy yourself a lot of drinks, tip the bartender, smoke a cigarette, and have a good time. I promise the second part we’ll be much better and now gooooooo… or I just play another song».

Im zweiten Teil seines Konzerts erzählte Daniel Sage auch den einzigen Witz, den er kenne: Welches ist das schlechtestes Konzert, das nur 55 Pence kostet? – 50 Cent feat. Nickelback. Nach einigen gespielten Songs, streckt sich der Musiker, als sei er total müde. Er fragt die Organisatorin vom Abend: «Yvonne, how long do I have play? ‘Cause I already played all my song from my record». «As long as you like.», war die Antwort.

Grumpy-Cat-Liebhaber gegen das Ungleichgewicht in der Welt

Sage fordert vor das Publikum kurz vor Ende des Konzert auf, sich in seine Mailingliste einzutragen. Die meisten Musiker benutzten diese als Marketingtool, um den Bekanntheitsgrad zu steigern, erklärte der Musiker. Auch Facebook sei nur hier, um seinen ‘Freunden’ mitzuteilen, wie gut es einem gehe und wo das nächstes Konzert sei. «But I will just use it, to send you photos of the grumpy cat» und wenn man wolle, könne man ihn schon auf Facebook liken. Man kurble dann nur den Teufelskreis an, in dem er sich zurzeit befinde. Überhaupt findet Sage, dass sich die Welt in einem Teufelskreis drehe und sich im Ungleichgewicht befinde. Er gibt zu verstehen: «Everyone is running around like a headless chicken worshipping some idol. The only person you should worship is yourself. Just meditate for some while and you’ll find the answers in yourself.»
Mit seiner Musik will Sage dieses Ungleichgewicht ein bisschen ausgleichen. Die Welt sei nicht grundsätzlich schlecht, nur zurzeit ein bisschen zu einseitig. Und genau das will Daniel Sage mit seiner Musik ändern.