Mit «Suicide Society» bringen die Thrash-Metaller von Annihilator ihr mittlerweile 15. Studioalbum auf den Markt. Warum ich über die Band nun mehr weiss als über die Backstreet Boys, zu deren Liedern ich auch heute noch treu mitsinge, und natürlich wie das neue Album geworden ist, lest ihr hier.
Ich hatte mich lange und ausgiebig darauf vorbereitet. Ein Interview. Akribisch recherchiert, nachgeforscht, stundenlang gelauscht. Fragen vorbereitet. Viele Fragen. Manche betrafen Justin Bieber, den kanadischen Landsmann von Annihilator. Ich war, und ich übertreibe nicht, innerhalb weniger Tage zu einem Experten der Band geworden. In Fernsehreportagen hätte man mich ohne Bedenken von der Brust aufwärts vor einem schwarzen Hintergrund und von dramatischer Musik untermalt auf die Bildschirme der Welt loslassen können, ich hätte ohne Unterbruch etwas zu erzählen gehabt. Ich war, Hand auf’s Herz, zu Annihilator geworden. Meine getragene, durchwegs schwarze Kleidung ist ein stummer, leicht müffelnder Zeuge dessen, was ich hier schreibe.
Aber das Interview kam nicht zu Stande. Man liess mich im Regen stehen. Meine Fragen über das Verhältnis zu Justin Bieber schweben jetzt im luftleeren Kosmos, unbeantwortet im Dunkel der Zeit. Wenigstens das Album bleibt mir nun, immerhin ist auch das – wie passend – dunkel.
Jeff Waters, Frontmann von Annihilator – übrigens eine der erfolgreichsten, wenn nicht die erfolgreichste Metalband Kanadas – sagte über Suicide Society sinngemäss, es sei ziemlich anders als die Alben davor. «Ziemlich anders» ist allerdings ein ziemlich dehnbarer Begriff, die Andersartigkeit kann ich nur schwer einschätzen, denn ich kannte Annihilator vorher kaum, so wie ich kaum andere Metalbands überhaupt kenne. Und auch wenn Suicide Society nun tatsächlich anders ist, so musste ich von Beginn an daran denken, dass es gar nicht so anders als etwa Iron Maiden oder Metallica ist.
Fast alle Songs preschen von Beginn an in einem melodischen Mordstempo an den Ohren vorbei. Eine erfrischende Ausnahme bildet dabei der letzte Song – Every Minute – der sich von einem gemächlichen Anfang in ein höheres Tempo steigert, um dann wieder in harmonischere Töne zurückzufinden. Alles in allem aber muss ich gestehen, dass die neun Songs auf dem Album, das übrigens auf YouTube in voller Länge zu hören ist, zumindest von mir kaum auseinanderzuhalten sind. Es gibt allerdings Leute, die dasselbe über die Lieder der Backstreet Boys sagen würden.
Was also bleibt diesem Unwissenden hier übrig, als sich bei der Bewertung auf die Objektivität zu verlassen. Und die sagt, dass Annihilator nun schon seit rund 30 Jahren aktiv sind, unzählige Alben herausgebracht haben und besonders in Europa unheimlich beliebt sind. Und das hat sicher seinen Grund, ob das nun an den musikalischen Fähigkeiten der Band aus Kanada liegt oder damit, dass ihr Metal für ein breites Publikum konzipiert wurde. Würde ich meiner eigenen Einschätzung folgen, wüsste ich über dieses Album nicht mehr als über die Geschichte Weissrusslands.
Release
18. September 2015
Label
UDR Music
Tracklist
- suicide society
- my revenge
- snap
- creepin again
- narcotic avenue
- the one you serve
- break, enter
- death scent
- every minute