Junior bestritten ihren zweiten Auftritt in der Schweiz und glänzten mit poetischen Texten und treibender Musik. Der Rückbick auf ein mitreissendes Konzert eines vielversprechenden Duos. Als Beilage präsentieren wir eine exklusive Verlosung.

jt. Neben dem Bahnhof Hardbrücke reckt sich der blank schimmernde Prime Tower in den Nachthimmel. Daneben zieht die namensgebende Brücke durch die kühle Herbstnachtluft. Vis à vis des ZKB-Komplex’ steht der Klub Helsinki auf dem Gerold-Areal und passt so gar nicht in die sich wandelnde Umgebung. Rohe Betonmauern – hier und da mit kleinen Edding-Tags und Gesammeltem wie dem mächtigen Büffelschädel versehen – und eine kleine Bühne geben dem Helsinki einen Rahmen. Hier schlägt die alternative Kultur ungeschminkt zu und äussert sich in einer wuchernden Kreativität. Ein Projektor balanciert auf einem von der Decke hängenden Plastikkorb. Er fürchtet sich nicht vom Fallen, sondern vor den Abrissbirnen, die der Kantonsrat für das neue Kongresszentrum schicken will. Es wäre ein Verlust ohnegleichen für die Kultur in der Stadt.
Hier würden gleich Junior aufspielen. Das Duo, bestehend aus Ian Fisher und Fabian Kalker, würde nach einem Auftritt in der Berner Dampfzentrale nun ein zweites Mal vor Schweizer Publikum spielen. Bei Junior handelt es sich indes um erfahrene und gestandene Musiker: Ian Fisher war bereits zuvor als Singer/Songwriter aktiv und besuchte die Schweiz mehrmals. Bereits über unglaubliche 1000 Lieder hat der bärtige Mann, der zwischen dem Highway 61 und dem Mississippi aufgewachsenen ist und mittlerweile in Berlin lebt. Kalker hingegen sollte vom One Shot Orchestra bekannt sein, einer Berner Band, die Electro mit Tip-Hop- und Ambient-Elementen veredelt.
Nur langsam finden die Menschen ins Helsinki. Die Show wird eine halbe Stunde nach hinten verlegt. Keine typisch schweizerische Pünktlichkeit, aber ich werde es noch danken. An der Wand steht die berühmte Jukebox. Nicht nur eine der letzten in der Limmatstadt, sondern auch immer von illustren Künstlern und Persönlichkeiten kuratiert. So haben bereits Lou Reed oder Veit Stauffer den Kasten ihren fünfzig Lieblingsplatten gefüttert. Momentan ist die Auswahl von The Young Gods zu hören.
Ein knappes „Hey.“, dann ging’s los. Die Jungs bliesen mir die vergangene Nacht im Gonzo Club gleich mit dem ersten Hieb auf die Snare-Drum aus den Knochen. Auf der Bühne standen sie nun, Fisher, der kleine Mann in grau und der hochgewachsene, haarlose Kalker zusammen mit Keyboarder Christopher Noodt (Ohrbooten) und Schlagzeuger Roy Knauf (Deichkind, Peter Fox). Die Melodien waren im Grossen und Ganzen nicht sonderlich überraschend, aber trotzdem nie langweilig. Die vorwärts preschenden Songs mit ihrem Mix aus rockigen und elektronischen, beat-getriebenen Anteilen bestechen punkto Tanzbarkeit auf höchstem Niveau.
Verschmitzt gesteht der erst 24-jährige Fisher: „I don’t really know what to do with my hands, when I’m not playing my guitar.“ Doch dann nimmt er erleichtert wieder seine Rickenbacker in die Hand, deren Körper breiter ist, als er selbst. Seine Präsenz ist ungebrochen. Mit stechendem Blick schaut er auf die leider sehr zurückhaltende Menge und trägt seine Songs vor. Der Songwriter aus St. Louis, Missouri erzählt lebendige Geschichten vom Alltag, der Liebe und unliebsamen Nachbarschaften wie in Die Bushwick, dem Song, der das von Fisher ungeliebte Quartier Bushwick in Brooklyn behandelt. Das klingt vielleicht alles abgedroschen und altbekannt, doch Junior verpasst diesen aus dem Leben gegriffenen Motiven einen frischen Anstrich. Die Songs sind ehrlich, mal witzig und dann wieder von nachdenklicher Ernsthaftigkeit, aber stets vermögen sie zu berühren.
Junior bewiesen, dass Rock’n’Roll nicht nach einem Hallenstadion verlangt. Vielmehr lebt er in den kleinen Clubs mit frischem Wind, mit dem Junior mitfliegen und vor jugendlichem Elan nur so strotzen. Nach nicht mal einer Stunde war das Duo bereits ausgeschossen, konnte noch eine Zugabe vortragen. Als das Publikum noch immer jubelte und rief, mussten sie zugeben, dass sie keine ungespielten Songs mehr haben. So spielten sie halt nochmals einen aus dem Set. – „Déjà vu.“ Besser als zwei Stunden Mittelmässigkeit. Wer nicht dabei war – und das gilt auch für die Fusel trinkenden Partygänger am Escher-Wyss-Platz – hat definitiv ein kleines, grossartiges Konzert verpasst.
Verlosung
Eine CD konnte man nicht kaufen, dafür boten die Musiker Stofftaschen feil. Negative White verlost exklusiv eine solche Tasche. Um an der Verlosung teilzunehmen, hinterlasse bis zum 18. Oktober 2012 einen Kommentar und erzähl’ uns, was du in dieser Tasche rumtragen wirst!
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