Es geht vorwärts im Schweizer E-Sport

Bild: Janosch Tröhler

Diese Woche wurde das erste Schweizer E-Sports-Studio eröffnet. Zeit, einen Blick auf die hiesige Szene zu werfen. 

Mitten im Geroldsareal eröffnete am 4. Juli etwas, das man kaum in dieser Manifestation des urbanen Hipstertums erwartet hätte: das erste E-Sports-Studio der Schweiz.

Geführt werden die «eStudios» von Jonas Krömler und David Uellendahl, die beide die HTW Chur abgeschlossen haben. So finden sich nun zwischen den kunterbunten Auswüchsen der Zürcher Kreativszene zwölf vollausgestattete Gaming-Stationen, dazu eine kleine Ecke für die Moderatoren sowie die Technik für den Live-Schnitt der Streams. Das gesamte Equipment ist mobil, kann schnell in einen Laster geladen und an einen Event verfrachtet werden. «Gaming ist unsere Leidenschaft», sagt Uellendahl über die Beweggründe von Krömler und ihm.

David Uellendahl und Jonas Krömler. Bild: Janosch Tröhler

Selbstverständlich besitzen die beiden Jungunternehmer nicht die nötigen Ressourcen für eine solche Investition. Hinter den «eStudios» stecken deshalb zahlreiche Namen mit dicken Brieftaschen oder tiefem Know-how der hiesigen E-Sport-Szene: Insbesondere waren die beiden Agenturen BlueGlass Interactive und MYI Entertainment federführend. MYI Entertainment ist die Firma hinter dem E-Sports-Team «mYinsanity» und berät BlueGlass Interactive im Bereich E-Sports.

Raphael Bienz, hier bei der Ansprache, ist gleichzeitig CEO der Agentur BlueGlass Interactive und der eStudios. Bild: Janosch Tröhler

Auch der Telekom-Konzern UPC investierte – unter anderem über ihr Content-Projekt esports.ch, das viele Aufträge an die «eStudios» delegiert. Die News-Seite esports.ch wiederum weist im Impressum die Adresse von BlueGlass Interactive aus. Der Aufbau der Studio-Infrastruktur wurde durch 42AM begleitet und die Gaming-Stationen stammen von der Asus-Linie «Republic of Gamers» und Logitech. Die beiden Hersteller sind wiederum am Portal esports.ch beteiligt.

Rund um die «eStudios» spannt sich also ein Netzwerk, das sich über die gesamte Schweiz legt. Der big player ist UPC, die vor etwas mehr als einem Jahr begonnen haben, kräftig im E-Sport mitzumischen.

Seitdem UPC investiert, ist viel passiert. Zahlreiche Fussballclubs haben eigene E-Sport-Teams aufgebaut. Immer mehr Unternehmen wollen ein Stück des Kuchens. Der ist hierzulande zwar noch klein, aber es reicht ein Blick über die Grenzen um die Dimensionen zu erfassen. Letztes Jahr verfolgten etwa 162 Mio. Zuschauer weltweit die digitalen Gladiatoren. Der Dota 2-Spieler Saahil «UNiVeRsE» Arora verdiente bereits Preisgelder von mehr als 2.7 Mio. Franken.

Gaming ist längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Und es geht um viel Geld. Deswegen werfen immer mehr Firmen ihre Marketing-Maschinerien an. Man will präsent sein in diesem aufkommenden Markt. So tragen auch Schweizer Teams offizielle Trikots, auf denen sich die Sponsoren zur Schau stellen.

VIDEO Impressionen

Es gibt allerdings auch Akteure ohne monetäre Interessen. Dazu gehört der Schweizer E-Sport-Verband SESF. Vinzenz Kögler engagiert sich ehrenamtlich im Verband: «Wir möchten offizielle Schweizermeisterschaften durchführen.» Der SESF arbeitet zudem daran, als Sportverband anerkannt zu werden und ein standardisiertes Regelwerk für Turniere einzuführen. Doch der SESF muss trotzdem um Anerkennung kämpfen. Als nicht-kommerzielle Organisation ist es schwierig, den finanzkräftigen Investoren Vorschriften zu machen.

Vermarktung als letzte Hürde

Das grösste Problem des Schweizer E-Sports seien aber die Spieler selbst. Das hörte man auch an der Eröffnung der «eStudios» immer wieder. Man habe zwar talentierte Spielerinnen und Spieler, die international mithalten können. Doch dafür müssten sie den Knoten lösen und sich selbst vermarkten: Streams, Auftritte, Merchandise. Aber die Eigenwerbung gehört nicht unbedingt zum Naturell des Schweizers. Es wäre dennoch nötig, wie ein Vergleich mit traditionellem Sport zeigt: Roger Federer macht das grosse Geld nicht mit Turniersiegen, sondern mit der Vermarktung seiner Person.

Bild: Janosch Tröhler

Man ist sich im sonnigen Frau Gerolds Garten auch einig: Es geht vorwärts. Während draussen im Schatten die versammelte Szene sich die Kehle mit Bier und Weisswein befeuchtet, sitzen die beiden Teams «Silentgaming» und «mYinsanity» im Studio vor den blinkenden Maschinen und absolvieren Showmatches.