Land, Luft & Leichenschmaus

Der Frankfurter Autor Thomas Sabottka tritt mit «Land, Luft & Leichenschmaus» aus dem Schatten der Underground-Szene und präsentiert einen Roman voller schwarzem Humor. Eine Betrachtung.

Brieskau-Finkenwalde. Ein Kaff irgendwo im Nirgendwo in Ostdeutschland. Ein ruhiges Örtchen, welches – wenn es nach Bürgermeister Uwe Wittram gehen soll – ein blühendes Wellness-Resort werden soll. Doch eben in jenen Tagen, in welchen das Herzensprojekt von Wittram deutliche Gestalt annehmen sollte, holt die dunkle Vergangenheit den Ort ein.
Sabottka läuft zur Höchstform auf. Geschickt knüpft er eine seiner Kurzgeschichten in die Handlung ein, jongliert gekonnt mit skurrilen Momenten und lässt einen Rockstar Ade Fist von der erfolgreichen Band «Hellfire» ins Geschehen eingreifen. Die Stärke der Handlung liegt in den Protagonisten, welche von Sabottka liebevoll beschrieben werden. Gleichzeitig ist die Dorfbevölkerung eine Schwäche, denn die zahlreichen Persönlichkeiten müssen unterschieden werden. Wer war das nochmal? Und trotzdem erscheint die Komposition aus Ex-Knackis, schrulligen Damen, Musikern, grenzgängigen Kindern, aufreizenden Frauen, Möchtegern-Journalisten, Nazis und dummen Dorfjungen dank Sabottkas handwerklichem Geschick nicht überladen, sondern erstaunlicherweise plausibel.
Im Verlaufe der Geschichte scheint sich das Problem doch von selbst zu lösen, denn immer mehr Menschen lässt Sabottka mal brutal, mal unglücklich, mal bizarr über die Klippe springen. Der Bürgermeister, der um jeden toten Körper weiss, lässt sich abstruse Ideen einfallen, wie die Leichen entsorgt werden können. So wird jemand zu Gulasch verarbeitet, ein anderer wird in die Häckselmaschine gesteckt und zu Biodünger verarbeitet.

Ein solches Szenario klingt nach einem Kriminalroman mit schwerer, blutiger Kost. Der Autor schafft es aber mit seinem leicht zugänglichen und trotz den detailreichen Beschreibungen, seinen herauf beschworenen Bildern die notwendige Leichtigkeit zu verleihen. Diese Leichtigkeit lässt sich bei Sabottka bereits in seinen Rock’n’Roll-Stories finden. Mit Land, Luft & Leichenschmaus schafft er den Quantensprung zwischen Spannung und Situationskomik erstmals auch in einem Roman. In diesem Buch präsentiert sich ein völlig anderer Sabottka als in den schwermütigen, melancholischen Vorgängerwerken wie Rewind oder Tremendista, welche ihm den Erfolg in der Gothic-Szene verschufen, der er nun zu entsteigen im Begriffe ist.

Der neue Roman ist das erste Werk, das massentauglich geschneidert ist. Eine unterhaltsame Lektüre für alle, die makaberem, trotzdem immer noch geschmackvollen Humor nicht abgeneigt sind. Für alle, die packende Szenen an der Grenze des Makaberen mögen. Ein kurzfristiger Trip nach Brieskau-Finkenwalde über die Feiertage ist wärmstens zu empfehlen.

Thomas Sabottka bei Periplaneta