Hinter schönen Fassaden lauert…

Sechs New Yorkerinnen treffen sich zu einem freudigen Anlass: Eine von ihnen wird Mutter, dies soll gebührend gefeiert werden. Eine alltägliche Situation wird zu einem düsteren Chaos. Hinter sechs schönen Fassaden verstecken sich gestorbene Träume und lebendige Ängste. «Beautiful Bodies» heisst die Aufführung der Jungen Theaterfabrik Bern. Ein lautes Stück, das leise werden lässt.

Das Remise Theater nahe des Bahnhofs Bern bietet etwa sechzig Gästen Platz. Bühne und Zuschauerraum liegen auf gleicher Höhe, sind nur durch Licht und Dunkelheit getrennt. Schon allein deshalb fühlt sich Beautiful Bodies vom ersten Augenblick intim an wie ein nächtlicher Blick durch ein hell erleuchtetes Wohnzimmerfenster. Ein zweieinhalb Stunden langer Blick, um genau zu sein, der sich von Anfang bis Schluss vollkommen lohnt.

Beinahe heile Welt. Oder doch nicht?

Die Bühne der Remise zeigt den Innenraum eines kitschig eingerichteten Wohnzimmers. Pinkfarbene Sitzwürfel, hübsch umschnürt mit Geschenkschleifen sind rund um einen Flechtkorb voller flauschiger Stofftiere drapiert. WiegGoldig! Putzig! Niedlich! Absolut perfektes Dekor für eine Babyparty. Gastgeberin Jess hat den ganzen Tag gekocht und vorbereitet; auf Bartischen am Rand des Raums liegen nun selbstgemachte Köstlichkeiten, die darauf warten verspeist zu werden von den fünf Besucherinnen des Abends: der Lebefrau Nina, dem Model Lizzy, die ihrem Ex nachtrauert, der servierende Schauspielerin Sue-Carol und der werdenden Mutter Claire. Zu guter Letzt wäre da noch die Immobilienmaklerin Martha, die immer alles besser weiss, reich ist und ein absolut perfektes Leben zu führen scheint. Mit ihrer viel zu direkten Art tritt Martha ständig allen auf den Schlips und eigentlich wird sie nur eingeladen, weil sie sich noch viel schlimmer anstellen würde, wenn man sie nicht einlüde.
Ganz berechnend setzt Jess das Datum der Babyparty auf den Geburtstag von Marthas Verlobtem Donald, im Wissen darum, dass die unerwünschte Freundin nicht den ganzen Abend würde bleiben können. So jedenfalls die Idee. Doch Martha will nicht gehen. Und plötzlich kommen lange gehütete Geheimnisse und verschwiegene Probleme ans Tageslicht, denen jede der sechs Frauen sich ganz allein stellen muss.

Junge Schauspielerinnen, grosse Gefühle

Das Stück ist nichts für Liebhaber von seichten Geschichten. Trotz des scheinbar banalen Themas „Frauenabend“ ist das Stück tragisch und regt zum Nachdenken über unsere Einstellung zu Freundschaften und Beziehungen an. Handlung und Charaktere wirken verrückt und überspitzt. So benimmt sich doch kein normaler Mensch? Eben doch! Beautiful Bodies spielt in New York  und die neurotischen Figuren der sechs Frauen sind New Yorkerinnen wie aus dem Bilderbuch. Die grosse Stadt bietet Nährboden für alle möglichen Probleme, die für uns kleinstadtgewöhnte Schweizer beinahe unverständlich sind.
Gespielt werden die Freundinnen von sechs jungen Frauen aus der Region Bern. Diese haben die Figuren nicht nur gut verstanden sonder auch vollkommen verinnerlicht. Auf der Bühne scheint jede Gefühlsregung echt, so echt, dass sogar im Zuschauerraum einige Tränen fliessen dürften. Sehr beeindruckend! Noch dazu, da es sich hier nicht um Profi-Schauspieler handelt sondern um die Schüler der Jungen Theaterfabrik Bern. Unter der Leitung von Alex Tuffer und Davina Sigenthaler Hugi  lernten die Jungschauspielerinnen zwischen 16 und 25 während zwei Jahren vieles was es über das Handwerk des Theaters zu Wissen gibt. Die Aufführung von Beautiful Bodies ist das Endprodukt dieser zweijährigen Arbeit. Für das diesjährige Atelier der JTB, das Anfang Mai beginnt, kann man sich auf ihrer Homepage noch anmelden.

Wusste ihr schon…

…dass Schauspieler sich während Proben nicht vor dem Publikum verbeugen, auf «Toi, Toi Toi» oder «Viel Glück» nicht mit «Danke» antworten dürfen und auf der Bühne nicht Essen und Trinken sollten, wenn sie nicht «in ihrer Rolle» sind? Diese und viele weitere kleine Regeln gilt es zu beachten, wenn alles glatt laufen soll, während den Aufführungen. Diese Handlungen bringen Unglück, so heisst es unter Theaterleuten. Solche kleine Rituale gibt es unzählige, auch viele die man nicht kennt und gegen die man somit automatisch verstösst. In dem Fall ist es wohl ähnlich wie mit dem Voodoo: Wenn man nichts davon weiss, wirkt es nicht.

Weitere Informationen

Aufführungsdaten:

Do, 24.04.2014
Fr, 25.04.2014
Sa, 26.04.2014
So, 27.04.2014
Di, 29.04.2014

jeweils 20:00 Uhr, Sonntag 17:00 Uhr, im Theater Remise, Laupenstrasse 51, Bern

Reservation:
alex@jungetheaterfabrik.ch
079 602 17 18