Ein Abend mit dem Kung Führer

Ich dachte, nach «Twilight» käme nichts mehr, was mich dazu verleiten könnte, wie Max Frischs Romanheld aus der berühmten, in allen Schulen des Landes gelesenen Novelle «Homo Faber», eine Gabel in meine Augäpfel rammen zu wollen. Ich lag falsch.

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Ganz genau: Ich lag falsch, denn Jahre später sollte ja noch 50 Shades of Grey in die Kinos kommen, und dieses unheilvolle Gefühl stellte sich erneut ein, dieses dunkle, selbstzerstörerische Verlangen, genau wie damals beim Film mit den glitzernden Vampiren. Seitdem hat mich der Allmächtige glücklicherweise nicht mehr auf allzu sumpfige Pfade der Filmindustrie geführt, man könnte fast meinen, er habe die Pein von meiner Seele nehmen wollen. In Form eines göttlichen Zeichens? Nein! Mit einer Nachricht am Tage des Herrn, einem Sonntag, ziemlich undramatisch, und in der Nachricht ein Link zum Film Kung Fury, um den es hier geht.

Ich muss, bevor ich den Inhalt dieses Films wiedergebe, erwähnen, dass ich im Leben noch keine harten Drogen konsumiert habe. Von den Machern des Films könnte ich Ähnliches nicht mit Sicherheit behaupten. Wie sonst käme man auf eine Geschichte, in der ein junger, desillusionierter Polizist in den USA der Achtziger Jahre eine uralte, übermächtige Form des Kung Fu erlernt, mal gegen einen zum Leben erweckten Spielautomaten kämpfen muss, dann in der Zeit zurückreist, um den legendären Kung Führer Hitler zu besiegen, dabei aber zunächst im vom Wikingern bevölkerten Zeitalter der Dinosaurier landet, um anschliessend wieder nach Nazideutschland zu reisen und an der Seite Thors gegen den berühmtesten Österreicher der Menschheitsgeschichte zu kämpfen. Dies hier dürfte der längste Satz gewesen sein, den ich seit Beginn dieses Jahres geschrieben habe. Schien fast kein Ende zu nehmen, so ähnlich wie mein Erstaunen über dieses – wenn auch sehr kurze – kreative Werk, das zudem mit erstaunlich beeindruckenden Spezialeffekten daherkommt. Und die Schauspieler erst: Die spielen den ganzen Cast von Twilight an die Wand und ich meine das frei von jedem ironischen Unterton und genau deshalb spüre ich auch schon den eisigen Blick von Kristen Stewart im Nacken. Der ist übrigens kaum zu unterscheiden von ihrem erheiterten Blick, aber das bohrende Gefühl am Hinterkopf trügt nicht.

Ich sage mit absoluter Überzeugung, dass dieser Kurzfilm aus Schweden, der über eine Kickstarterkampagne finanziert wurde und dessen Trashfaktor für lange Zeit unübertroffen bleiben dürfte, nicht die filmische Offenbarung für jeden sein wird. Er ist aber mindestens so abgedreht wie die biblische Offenbarung des Johannes, wo – falls hier jemand nicht ganz bibelfest ist und das nicht wissen sollte – unter anderem ein siebenköpfiger Drache und ein sprechendes Lamm vorkommen. Abgedrehte Sache das Ganze. Kung Fury kann mit ähnlich massivem Geschütz aufwarten, beispielsweise einem sprechenden Dinosaurierpolizisten und einer auf einem Dinosaurier reitenden Barbarin. Die Macher der Bibel erblassen vor Neid.

Nein, tun sie wahrscheinlich nicht, denn Neid ist eine der sieben Todsünden. Ich sollte mich dafür einsetzen, die Liste um eine weitere Sünde zu erweitern, und zwar: sich nicht ein halbes Stündchen Zeit nehmen, um dieses Juwel von einem Film zu schauen!

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